75 Jahre Kirmes

Immer wieder wird die Frage gestellt, warum die Kirmes Anfang Juli stattfindet. Unser Chronist, Franz Meurer, hat sich der Sache angenommen und ist in alten Unterlagen fündig geworden. Er hat Nachfolgendes gefunden, damit man weiß, welche Bewandtnis der 4. Juli für unser Dorf hat. All dies geschah vor genau 75 Jahren:

Der 4. Juli 1926.

Carl Buchholz, Leiter der Hardtschule in Holtorf, schreibt am 4. Juli 1926:

Ein Fest nicht nur der Holtorfer, sondern der ganzen Pfarrgemeinde war die gestrige Grundsteinlegung zur Rektoratskirche in unserem Orte. Denn groß war die Beteiligung aus den übrigen Pfarrdörfern. Es ist eine nicht zu leugnende Tatsache, daß in schwersten Zeiten die größten Taten vollbracht und die besten Schöpfungen entstehen. So haben die Holtorfer auch in wirtschaftlich schwerster Zeit mutig das Werk angegriffen, um in ihrem Dörflein eine Kirche zu bauen. Mit welcher Opferbereitschaft sie das tun, zeigen die Erfolge, die sie schon erzielt haben. Das zeigt auch das ganze gestrige Fest, bei dem keiner zurückblieb, um es würdig zu gestalten.

Der Ort prangte in grün, Girlanden, Ehrenbogen und Fahnenschmuck. Sinnige Sprüchlein baten den Gast um ein Schärflein. Drohende Gewitterwolken und Regenschauer scheinen das Festzelt zunichte machen zu wollen. Der Himmel hatte jedoch vorderhand noch ein Einsehen, und so konnten die Prozession und Grundsteinlegung wenigstens bei trockenem Himmel von sich gehen.

Nach der Festandacht in der Notkirche zog die Prozession zum Bauplatz. Der Grundstein wurde von weißgekleideten Jungfrauen auf einer geschmückten Bahre in der Prozession getragen. Wer geglaubt hatte, auf dem Bauplatz nur einige Fundamente zu finden, war überrascht, denn das neue Gotteshaus war schon bis zu den ersten Fenstern aus dem Boden emporgewachsen. Das ganze Bauwerk war mit Fahnen, Blumen, Kränzen innen und außen festlich und herrlich geschmückt. Vor dem Neubau hielt Pfarrer Buschhausen eine kurze Predigt, in welcher er besonders betonte, daß der lang ersehnte heiße Wunsch der Bewohner von Holtorf, ein eigenes Gotteshaus zu besitzen, der schon seit 1894 in ihr genährt wurde, nun endlich der Erfüllung nahe sei. Im Jahre 1913 sei die Bausumme schon einmal gesammelt gewesen. Die Inflation und der Krieg habe sie vernichtet.

Von neuem haben die kleinen Orte nach der Inflation das Werk aufgegriffen und heute können sie mit Stolz auf das Begonnene blicken. Vor allem aber gebührt Dank dem rührigen und unermüdlichen Rektor Josef Klein, der sich gemeinsam mit opferbereiten Ortsangehörigen mit ganzer Tatkraft für den Bau des Gotteshauses eingesetzt hat.

Hierauf wurde die in den Grundstein eingelassene Urkunde verlesen, die folgenden Wortlaut hat: "Im Namen der allerheiligsten und unzerteilten Dreifaltigkeit, des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen

Schon im Jahre 1893 faßten einige eifrige und fromme Bürger des Dorfes Niederholtorf, Pfarrei Küdinghoven, Erzdiözese Köln, den Plan, zu Ehren des heiligen Einsiedlers Antonius, dessen Fest seit unvordenklichen Zeiten als gelobter Feiertag in Holtorf gehalten wird, eine Kapelle zu bauen. Zu diesem Zweck gründeten sie einen Verein, den Sankt Antonius Kapellenbauverein, durch dessen eifrige Tätigkeit schon im Jahr 1913 alles zum Bau der neuen Kirche bereitgestellt war. Aber der im folgenden Jahr ausgebrochene große Krieg verhinderte den Beginn des Baus und entwertete nach und nach das ganze Baukapital.

Aber da die Aufgabe der Seelsorge es für erforderlich erschienen ließen, betrieb der hochwürdige Herr Pfarrer Buschhausen von Küdinghoven die Errichtung einer Notkirche. Herr Philipp Lütz aus Bonn, stammend aus Niederholtorf, stellte sein ehemaliges Backhaus zu diesem Zwecke in großzügiger Weise zur Verfügung. Rektor dieser Kirche war ein Jahr lang der hochwürdige Herr Romano Guardini, jetzt Professor in Berlin, und seit dem 1. September 1923 bis unmittelbar vor dem unterzeichneten Tage der hochwürdige Herr Josef Klein.. Dieser hat unter der Beihilfe und Gunst des Pfarrers von Küdinghoven den Bau der neuen Kirche wieder in die Hand genommen und die Herzen der Bewohner so entflammt, daß sie von neuem eine erhebliche Summe für den Neubau zusammenbrachten.

So hat denn heute, am sechsten Sonntage nach Pfingsten, dem 4. Juli des Jahre des Heils 1926, unter dem Pontifikate Pius II, da Karl Josef Kardinal Schulte den erzbischöflichen Stuhl in Köln inne hatte, Peter Herkenrath, Pfarrer in Oberdollendorf, Dechant des Dechanates Beuel war, der hochwürdige Herr Josef Buschhausen, Pfarrer in Küdinghoven und Definitor im Dekanate Beuel, vom Oridnarius gemäß can. 1163 dazu delegiert, den Grundstein dieser Kirche geweiht und eingefügt unter Anwesenheit vieler Geistlicher und Laien. Unser Herr Jesus Christus möge allen Wohltätern dieses Werkes die Gnade geben und dieses Werk segnen, damit es gut wachse und vollendet werde zu Ehren des heiligen Einsiedlers Antonius und Patrons dieses Ortes und der Kirche.

So geschehen zum ewigen Andenken mit den unterschriebenen Namen bestätigt:

Niederholtorf, den 4. Juli 1926

Der Grundstein wurde an sichtbarer Stelle in das Mauerwerk der inneren Kirche eingelassen. Während der Zeremonie sang der Kirchenchor unter Leitung des Lehrers Buchholz mehrere fünfstimmige Motetten. Nachdem die üblichen Hammerschläge getan, gelangte vor dem Bau-platz das Dombauspiel "Stab und Stein" von Otto Breuers durch Holtorfer Einwohner zur Aufführung. Die Kraft des Stückes war wirklich glücklich, führte es doch dem Zuschauer die Grundsteinlegung und die Vorgeschichte eines unserer herrlichsten Gotteshäuser, des Kölner Domes vor Augen. Leider war die völlige Aufführung des Festspiels nicht möglich, da es wegen des inzwischen strömenden Regens nach dem ersten Akt abgebrochen werden mußte. Nach der Leistung der Spieler im ersten Akt zu urteilen, war eine wirklich gute Wiedergabe des Stückes zu erwarten. Der Bürgermeister sprach den Holtorfer Mitbürgern die Glückwünsche der Zivilgemeinde zu dem begonnenen Werke aus. Sein Wunsch ging dahin, daß es bald vollendet dastehen und Lob und Preis zu Ehren des Allerheiligsten in ihr erklingen möge.

Eine Festversammlung im Saale Friedrichs ließ dann unter der Leitung des Herrn Lehrers Buchholz noch einmal alle die Mühen und Sorgen des Kapellenbauvereins, aber auch seine schönen Erfolge, aufleben, brachte Ehre und Anerkennung dem Lehrer Buchholz sowie dem Vorsitzenden, Herrn Peter Ottersbach, und in ganz besonderer Weise dem geistlichen Rektor, der so plötzlich aus unserer Mitte gerissen wurde, in einen anderen Wirkungskreis, an das Lyzeum in Elberfelde. Eine goldene Uhr soll ihn stündlich an seine dankbaren Holtorfer und sein fruchtbares Wirken erinnern.