Napoleons Feldherrnhügel trotzt den Kaninchen

Holtorfer Arbeitsgruppe für Denkmalpflege auf Entdeckungstour im Ennert - Hügelgräber sind viel flacher - Strategischer Aussichtspunkt soll um 1811 errichtet worden sein

Von Julia Wehner

Holtorf. "Das ist nie und nimmer ein Hügelgrab." Heimatforscher Horst Wolfgarten steht auf einer aufgeschütteten Anhöhe im Ennertwald, hält eine Karte des umliegenden Gebiets in der Hand und versucht die künstlich angelegte Erhebung einzuordnen und zu bestimmen. Wolfgartens Vermutungen nach handelt es sich bei dem Erdberg um einen "Feldherrnhügel", eine Erhöhung, die aus strategischen Gründen angelegt wurde, um einen optimalen Überblick über das Rheintal zu gewähren.

Forschungsausflug: Die Arbeitsgruppe Denkmalpflege besichtigt den vermeintlichen "Feldherrnhügel". Foto: Max Malsch

Wolfgartens Forschungsergebnisse nach intensiver Literaturrecherche: "Es ist erwiesen, dass um das Jahr 1811 geplant war, hier im Ennert eine Festung für Napoleon zu errichten. Doch die historischen Ereignisse ließen den Bau nicht mehr zu." Statt der Festung sei so "lediglich" der Feldherrnhügel entstanden.

"Jeder andere, der hier einfach spazieren geht, würde wahrscheinlich denken: 'Naja, da ist halt ein Hügel', meint Geert Müller-Gerbes zu der äußeren Unauffälligkeit des Erdhaufens. Wie auch Wolfgarten ist er Mitglied der Arbeitsgruppe Denkmalpflege des Bürgervereins Holtorf-Ungarten. Ziel des Zusammenschlusses ist es, das heimatliche Umfeld zu erforschen.

Müller-Gerbes: "Ich lebe hier, und da stellt sich doch die Frage, wo unsere Wurzeln sind. Und die Wurzeln, die wir in Holtorf haben, sind zudem außergewöhnlich interessant." So wurden im Ennert Hügelgräber entdeckt, die Wolfgarten als 4000 Jahre alt einschätzt und damit in die Bronzezeit einordnet. Als solches Grab ist auch der vermeintliche Feldherrnhügel in aktuellen Karten eingezeichnet, aber: "Hügelgräber sind viel flacher, zerflossener.

Klar, bei der Zeit, die vergangen ist. Allein die Kaninchen, die an so einem Erdhügel graben, tun ihr Teil dran. Der hier ist viel frischer", so Wolfgarten schmunzelnd über den rund 200 Jahre alten Feldherrnhügel. Diese Ansicht teilt auch Förster Bernd Sommerhäuser: "Die Gräber können gar nicht mehr so hoch sein." Sichere Ergebnisse würden jedoch nur archäologische Ausgrabungen liefern, meint Jadwiga Pilarska, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Denkmalpflege der Fachhochschule Köln.

Die Mitarbeiter des Instituts wurden von der Stadt Bonn beauftragt, einen Denkmalpflegeplan für Beuel zu erstellen und wertvolle Kulturgüter zu kartieren: "Wir arbeiten unglaublich gerne mit ortskundigen Heimatforschern zusammen. Die wissen einfach alles", so Pilarska.

Das Interesse der Holtorfer Bürger für ihre Umgebung sei erstaunlich groß, so Müller-Gerbes über das Engagement der ehrenamtlichen Denkmalpfleger. "Holtorf ist eben keine Kunstsiedlung und besitzt damit praktisch eine 'nachgrabbare Lebendigkeit'."

(GA vom 15.12.2002)