Bürgerinfo November 2017

Im Blickpunkt

Dorfgeschichte

Vereinsleben

Schlusswort


Im Blickpunkt

„Das mache ich nie, nie...“

Von der Wäscherin zur Wäscherprinzessin

Ein Gespräch mit Luisa I, Beueler Wäscherprinzessin

Groucho Marx, einer der legendären Komiker der MarxBrothers, behauptete einst, er habe eiserne Prinzipien. Und wenn die einem nicht gefallen würden, dann hätte er auch noch andere.

Mit Prinzipien ist das so eine Sache. Man kann mit ihnen gut auf Sicht fahren, aber was danach kommt, weiß niemand genau. Diese Erfahrung konnte auch Lisa Braun aus Holtorf machen, inzwischen bekannt als Luisa I, Beueler Wäscherprinzessin in der Session 2016/2017.

Als sie Mitglied wurde im ehrwürdigen Gründungsgremium der Beueler Weiberfastnacht, genannt: „Altes Beueler Damenkomittee von 1824 e.V.“, ist sie mit der Ankündigung eingetreten, sie mache hier alles, aber eins werde sie nicht tun. „Ich werde nie Wäscherin und nie Wäscherprinzessin, nie, nie.“ Das waren ihre Worte. Unmissverständlicher kann man einen persönlichen Grundsatz kaum ausdrücken. Was dann tatsächlich passiert ist, gehört mittlerweile zur Geschichte der Beueler Weiberfastnacht. Luisa wird zuerst Wäscherin. Das war 2014. Und drei Jahre später hält sie das Zepter der Beueler Wäscherprinzessin in der Hand und übernimmt eine der glanzvollsten Rollen im rheinischen Karneval.

Die Anfänge

Entgegen aller Vorsätze war sie dort gelandet, wo sie nie hinwollte. Nicht mal geträumt hat sie davon, während ihren Vorgängerinnen solche Karriere oft schon von Kindesbeinen an im Kopf herumspukt. „Ich bin da eigentlich ganz untypisch“, sagt sie und beschreibt sich selbst als Spätzünderin. Der erste Zündfunke muss irgendwann im Beueler Damenkomitee übergesprungen sein. Luisa ist begeistert von der Zusammengehörigkeit und dem guten Miteinander in der Frauengemeinschaft. Man spricht sich untereinander mit „Komiteeschwester“ an und macht die Traditionspflege der Beueler Weiberfastnacht zur gemeinsamen Sache. Sie fühlt sich in der Runde gut aufgehoben. 2013 darf sie zum ersten Mal als Mitglied des Damenkomitees die damalige Wäscherprinzessin Vanessa I begleiten. Das Spektakel macht ihr viel Freude und hier kommt ihr erstmals der Gedanke, „dass es eigentlich eine schöne Sache ist.“„Den Drall, mich als Wäscherin zu bewerben, hatte ich aber noch nicht“, fügt sie hinzu. Eine Komiteeschwester hat ihr dann die Bewerbung sehr ans Herz gelegt. Genauer gesagt, sie hat ihr dauernd in den Ohren gelegen und am Ende der Session war Luisa weichgekocht. Und sie entscheidet: „Ich bewerbe mich und gucke mal, was dabei herauskommt“.

Regeln und Verfahren

Die Regeln besagen, dass man sich schriftlich bewerben muss. Dabei ist der eigene karnevalistische Hintergrund zu erläutern, warum man das machen möchte und wie sich die Belastungen mit dem schulischen oder beruflichen Werdegang vertragen. Eine Findungskommission trifft eine Vorauswahl und schließlich werden die Bewerberinnen gemeinsam zum Gespräch eingeladen. Den Vorsitz führt Ina Harder, die Obermöhn der Beueler Fastnacht, Frontfrau der weiblichen Jecken aller siebzehn Damenkomitees. Gemeinsam mit den anderen Mitgliedern der Kommission fühlt sie den Bewerberinnen auf den Zahn und findet heraus, ob sie den Anforderungen als Wäscherinnen gewachsen sind. Immerhin gehört man als Wäscherin zum engsten Stab der Wäscherprinzessin, weicht bei allen Auftritten nicht von ihrer Seite und folgt ihr die ganze Session über auf Schritt und Tritt.

Hinzu kommen weitere Komiteedamen, die Fahrer und eine Abordnung der Beueler Stadtsoldaten als Schutztruppe. Das sind die Bützoffiziere mit einem Spezialauftrag. Sie müssen bei den Auftritten das Küssen (Bützen) der Frauen übernehmen, damit sich „Ihre Lieblichkeit, die Wäscherprinzessin“ ganz auf die Männer konzentrieren kann. Da dürfte es bestimmt unattraktivere Aufgaben für Offiziere geben. Und dann spielt noch die Obermöhn eine wichtige Rolle in der Equipe. Mit ihrem robusten Charme zieht Ina Harder die Fäden, hält sich aber eher im Hintergrund, weil die volle Aufmerksamkeit der Wäscherprinzessin gilt. Alle verbringen viel Zeit miteinander, es geht um Vertrauen und Sympathie. Schon deshalb muss zwischen den Beteiligten die Chemie stimmen und genau das muss eine Findungskommission mit im Auge haben.

Das Ergebnis der Bewerbung erfahren die Kandidatinnen nicht sofort. Luisa erinnert sich, wie sie zwei Wochen später mit ihrer Mutter bei Ikea an der Kasse steht und das Handy plötzlich klingelt. „Du bist es geworden, du bist Wäscherin“, teilt ihr die Obermöhn mit. „Als ich das dann der Mama erzählt habe, ist die komplett ausgeflippt“, erzählt Luisa über diesen Moment.

Die Bewerbung

Sie lernt als Wäscherin alle Feinheiten des Protokolls kennen und stellt fest, dass sie mit allem gut zurechtkommt. Da muss es bei ihr zum zweiten Mal Klick gemacht haben. Von sich selbst sagt sie, irgendwann habe sie Blut geleckt und sich entschlossen: „Das mach ´ ich auch.“ Aus dem Prinzip „Nie“ wird jetzt die Absicht: „Ich will“. Sie will Wäscherprinzessin werden, möchte aber nichts überstürzen, um zunächst ihre schulischen Plänen weiter zu verfolgen. Luisas Voraussetzungen sind ideal, weil sie als Wäscherin bereits mit allen Prozeduren haarklein vertraut ist und bestens Bescheid weiß, was auf sie zukäme. Und mit neunzehn Lebensjahren hat sie auch noch genügend Zeit. Die Altersgrenze für Wäscherprinzessinnen ist fünfundzwanzig. Dahinter steckt der raffinierte Gedanke, bei der traditionellen Erstürmung des Rathauses und der Machtübernahme der Frauen das Augenmerk der männlichen Amtsinhaber auf den Charme einer jungen Prinzessin zu lenken. Der Theorie nach fallen die Männer dann reihenweise auf diese weibliche List herein. Und die Praxis scheint die Theorie zu bestätigen, Jahr für Jahr. Während der tollen Tage gehört das Rathaus bekanntlich den Frauen.

Luisa wartet noch zwei Sessionen ab, bringt ihre Schule zu Ende und entscheidet dann: „Im nächsten Jahr bewerbe ich mich.“ Ihrer Familie sagt sie erstmal nichts davon, „weil ich genau wusste, wenn ich der Mama das gesagt hätte, wäre die total angestochen durch die Gegend gelaufen“, sagt sie. Das Bewerbungsverfahren als Wäscherprinzessin ähnelt sehr dem als Wäscherin. Nur erfährt man nicht, wer noch mit ins Rennen geht und auch die Bewerbungsgespräche sind einzeln und vertraulich. „Quasi hochgeheim“, meint Luisa. Natürlich gäbe es im Vorfeld auch Vermutungen, wer es machen könnte. Schließlich wüsste man, wer mal Wäscherin gewesen ist.

Vor der Kommission

Im September 2015 steckt Luisa ihre Bewerbung als Beueler Wäscherprinzessin für die Session 2016/2017 der Obermöhn Harder in den Briefkasten. Erst danach informiert sie ihre Mutter. „Die hat sich nicht mehr eingekriegt“, erzählt sie lachend. Natürlich wird so eine Bewerbung im jeweiligen Damenkomitee abgestimmt, um z.B. Mehrfachbewerbungen aus einem Komitee zu vermeiden. „Das ist jedenfalls der Brauch“, sagt Luisa. Mitglieder der Findungskommission, aus deren Damenkomitees Kandidatinnen antreten, haben bei der Wahl kein Stimmrecht. Auch das ist geregelt.

Angeblich gibt es Bewerbungen schon Jahre im Voraus. „Die Ina hat jetzt schon Bewerbungen für 2024 und 2030 vorliegen“, berichtet Luisa. Es soll sogar Eltern geben, die ihr Neugeborenes für eine Kandidatur in zwanzig Jahren vormerken lassen. Luisa staunt selber, als sie darüber spricht. Dann erzählt sie von ihrem Bewerbungsgespräch. „Es war ein Freitag im April 2016, gegen 18:00 Uhr“, erinnert sie sich präzise. „Man sitzt im Beueler Rathaus ganz allein auf einem Stuhl vor der Kommission. Und dann fragen die dich richtig aus. Wie sieht die Familie das? Warum möchtest du das überhaupt machen? Was sagt denn dein Arbeitgeber dazu?“ Später soll sie in der Runde über ihr schönstes karnevalistisches Erlebnis berichten. Da hat sie spontan eine Situation parat, die sie damals bewegt hat. Sie war Wäscherin von Ann-Katrin und die Equipe besuchte einen Kindergarten. Da war dann ein kleines Mädchen, das mit offenem Mund vor ihnen stand und meinte, irgendwann würde sie selbst mal Wäscherprinzessin sein. „Die Kleine war so selbstsicher, das hat mich fasziniert“, schwärmt Luisa immer noch. Bei ihren Erzählungen wirkt sie wie jemand, der mit beiden Beinen im Leben steht, pragmatisch und zupackend. Dazu strahlt sie Lebensfreude und Begeisterungsfähigkeit aus. Nur so kann man auch andere anstecken. „Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen, Wurzel und Flügel“. Das hat sich Goethe ausgedacht und er beschreibt damit eigentlich genau, was eine Wäscherprinzessin für eine erfolgreiche Session mitbringen muss. Luisa hat wohl beides im Gepäck und das dürfte der Findungskommission nicht entgangen sein.

Sie ist es geworden

Abschließend wird sie gefragt, ob sie auf die Entscheidung warten will oder ob sie später angerufen werden möchte. Luisa entscheidet sich fürs Dableiben, denn vor dem Rathaus wartet ihre Mama, ihre Schwester Linda und Ann-Katrin, ihre damalige Wäscherprinzessin. Man guckt auf die Uhr, albert herum und alle sind etwas angespannt, bis auf sie selbst. „Eigentlich hatte ich gar kein Gefühl“, erinnert sie sich an die Situation. Und dann kommt plötzlich Ina Harder, die Obermöhn zu ihnen und mit ihr die ganze Findungskommission. Es sei eine schwierige Entscheidung gewesen, sagt die Obermöhn mit ernster Stimme.“Das sagt sie jedes Mal“, meint Luisa vergnügt. Dann folgt der entscheidende Satz der Obermöhn: „Aber du bist es geworden.“ „Da war natürlich der Teufel los und die Sektkorken haben geknallt“, erzählt Luisa, „alle aus meiner Begleitung hatten Tränen in den Augen“. Nur sie selber habe erstmal gar nichts gespürt. Die Situation sei überhaupt nicht real gewesen. Sie habe nur gesagt: Ach, das ist ja schön. Mehr nicht. „Bei mir hat das zwei Tage gedauert, bis ich die Tragweite begriffen habe. Du bist jetzt die Beueler Wäscherprinzessin. Und dann konnte ich mich auch richtig freuen. Aber das war ja auch ein langer Prozess“, erinnert sie sich.

Die Session beginnt

Luisa weiß, dass die kommende Zeit in gespurten Bahnen verlaufen wird. Vorsorglich hat sie vor ihrer Bewerbung mit ihrem Chef gesprochen, und der sagt ihr seine volle Unterstützung zu. Im Gegenzug setzt sie ihren Jahresurlaub ein. Nachdem es mit kleinen Auftritten zunächst ganz gemütlich losgeht, steht sie am 11.11. zum Sessionsauftakt erstmals im Rampenlicht. Vor dem Bonner Rathaus, Seite an Seite mit anderen Totalitäten. „Da musste ich dann vor 3000 Menschen den Mund aufmachen“, betont sie. Mühe scheint ihr das nicht gemacht zu haben. Alle Texte hat sie sich selber aufgeschrieben. „Weil ich ja auch hinter dem stehen muss, was ich da sage“, fügt sie hinzu. „Wenn die Obermöhn mitkriegt, dass man das selber schafft, dann lässt sie einem auch die Freiheit.“

In ihrer Session fällt der 11.11. auf einen Freitag und deshalb muss Luisa am selben Tag abends auf eine zweite große Bühne im Beueler Rathaus. An diesem Abend warten hier alle Beueler Damenkomitees auf die neue Wäscherprinzessin. Schließlich bilden sie später bei der Rathauserstürmung die kämpfende Truppe. Luisa erhält bei ihrer Vorstellung das Beueler Schiffchen als vorläufige Kopfbedeckung, „weil ich bis dahin ja noch kein Häubchen und nix aufhabe“, erklärt sie. Den Höhepunkt bildet die Übergabe der Schärpe mit der Inschrift „Noch net ävver dann“. Soll heißen: Es dauert noch etwas, bis du als Wäscherprinzessin die volle Regentschaft übernimmst. Dieses langsame Werden der Prinzessinnenrolle hat sich über die Jahre als kluger Schachzug erwiesen. Nach dem Sessionsauftakt im November folgen die Weihnachtszeit und der Jahreswechsel. Für echte Jecken ist das ohnehin eine Zumutung, weil es ihnen wie die künstliche Unterbrechung eines natürlichen Ablaufs erscheint. Na ja, das ist vielleicht etwas übertrieben. Aber die Wäscherprinzessin zeitlich erst nach und nach vollständig auszustaffieren, folgt der geschickten Regie, den Spannungsbogen von November bis zu den tollen Tagen zu halten.

Die Proklamation

An einem Januarabend sind über tausend Menschen im Brückenforum gespannt auf die kommende Wäscherprinzessin. „Die Proklamation ist nervlich schon eine Herausforderung“, stellt Luisa heute noch fest. Hier wird erstmals das ganze Pulver verschossen. Die Situation hat sie noch genau vor Augen. „Das Schönste ist, wenn man im Foyer steht, von wo ich dann mit meinen Wäscherinnen, meinem Damenkomitee, den Stadtsoldaten, der Tanzgruppe, mit allem Drum und Dran einziehen werde. Das beginnt, wenn die große Trumm geschlagen wird. Das ist der Moment, wo man eine Gänsehaut kriegt. Jetzt geht ´s los, jetzt wird man reingefahren“. Das hört sich tatsächlich wie großes Kino an und würde wohl jeder jungen Frau in dieser Rolle in Erinnerung bleiben. Sie darf ab jetzt ihren Ornat tragen, das blaue Traditionskleid der Beueler Wäscherprinzessin. Es wird jedes Jahr neu geschneidert. Außerdem trägt sie zum ersten Mal das traditionelle Häubchen. An diesem Abend wird ihr auch das Zepter mit dem „Bröckemännche“ übergeben, und sie erhält ihren Orden und ihren Schutzbrief. Der besagt, dass Luisa ab jetzt bis zum Aschermittwoch das Sagen hat. „Was ich dann sage, wird gemacht“, stellt sie knapp fest.

Schief gegangen

Trotzdem geht auch schon mal etwas daneben. Der WDR will am Tag der Proklamation einen Bericht machen, aber die Aufnahmen im Brückenforum müssen vorgezogen werden. Luisa muss natürlich in voller Montur ins Fernsehen, nur soll man sie vorab noch nicht in der Aufmachung sehen, da der Erstauftritt im Traditionskleid der Proklamation vorbehalten ist. Sie schleicht sich deshalb mit kleinem Gefolge durch die Hintertür im Brückenforum und gelangt hinter Trennwänden schließlich in den Fahrstuhl. Dort bleibt sie in der Aufregung mit ihrem Spitzenrock prompt an einem Haltegriff hängen und reißt sich ein Riesenloch in ihr Gewand. Vor der Kamera kann sie das noch geschickt verbergen, aber sie darf so keinesfalls bei der Proklamation erscheinen. Erneut geht es auf Schleichwegen nach draußen und dann in die Privatwohnung der Obermöhn. „Da saß ich dann auf dem Sofa und habe mein Kleid repariert“, erinnert sie sich. Es war wohl das einzige Mal, dass etwas schief gegangen ist.

Harter Job

Von der Proklamation bis Weiberfastnacht sind es ca. 4 Wochen und dieser Zeitraum gilt als die eigentliche Amtszeit der Wäscherprinzessin. Es ist die heiße Phase mit zehn bis zwölf täglichen Auftritten, wobei die Abende mit Damensitzungen, Herrensitzungen, Prunksitzungen oder Sponsorenempfängen ausgefüllt sind. Hinzu kommen Fototermine, Interviews mit Zeitungen, Hörfunk und Fernsehen. „Zu Hause bin ich nur noch zum Schlafen gewesen“, sagt sie. In dieser Zeit wird sie jeden Tag frühmorgens von einem Fahrer abgeholt. Sie steht dann schon gestiefelt und gespornt bereit. Allein die Frisur und das Make-up dauern und entsprechend früh fängt der Tag für sie an. Im Auto sitzen noch ihre Wäscherinnen, die Obermöhn und ein Bützoffizier. Die übrige Equipe fährt im Begleitbus hinterher. Am Morgen geht es meist in Sozialeinrichtungen, wobei Luisa besonders die Besuche in Kindergärten gefallen. „Die Kinder stellen einem tausend Fragen, auf die ein Erwachsener nie käme“, sagt sie schmunzelnd. „Du bist doch eine Prinzessin, aber warum hast du denn kein Krönchen auf? Bist du auch reich? Wo ist dein Prinz? Warum ist dein Kleid nicht rot?“

An Tagen mit prallvollem Programm wird zwischendurch im Begleitbus gegessen. Die Zeitabläufe sind sorgfältig geplant und verlangen von allen Beteiligten eine gehörige Portion Disziplin. Es gibt sogar eine Marschordnung. Luisa beschreibt sie so: „Fünf Mädels vom Damenkomitee laufen vor mir, dann kommen eine Wäscherin vor mir und eine hinter mir. Es folgen fünf weitere Komiteefrauen. Und ganz zum Schluss geht die Obermöhn, die alles im Blick hat“. Bleiben noch die Bützoffiziere. „Also, der eine geht noch vor der ersten Wäscherin und der andere geht bei den ersten Komiteefrauen mit. Und das Ganze mit Musik und Taräng.“ Aus der Reihe tanzen darf hier niemand. Verglichen damit sind preußische Regimenter ein chaotischer Haufen.

Auf jeder Sitzung muss sie irgendwann ans Mikrofon. „Immer das Motto sagen ist Pflicht“, erklärt Luisa. Ihres knüpft an 650 Jahre Pützchens Markt an und heißt: Wievefastelovend un Pützchens Maat – Beuele Wieve stonn parat. Übersetzt: Weiberfastnacht und Pützchens Markt – Beueler Frauen stehen bereit. Dann folgt in der Rede meist die Einladung zum Fastnachtzug und zur Rathauserstürmung, eingerahmt von allen Varianten karnevalistischer Botschaften. Abschließend kommen Aufrufe und Appelle an den rheinischen Frohsinn, an den Spaß an der Freude und an das Herz. Das geht vier Wochen so, von morgens bis spät abends. Allein die körperliche Anstrengung ist beachtlich. „Morgens im Bus wird gerne mal mit einem Sektchen für den Kreislauf angestoßen“, meint Luisa. Weiterer Alkoholgenuss ist zwar jedem selbst überlassen, aber alle sind sich bewusst, in welcher Rolle man unterwegs ist. Luisa fügt noch hinzu: „Alles andere würde man auch gar nicht

durchhalten. Trotzdem gibt es im Bus viel Spaß, wobei der Grundsatz gilt: Was im Bus passiert, bleibt im Bus.“ Nach aller Erfahrung haben solche Regeln große Vorteile.

Der Höhepunkt

Höhepunkt aller Anstrengungen ist natürlich Weiberfastnacht. Morgens um 6:30 Uhr hat sie den ersten Termin beim Hörfunk. Haare, Make-up, alles muss vorher fertig sein. Luisa beschreibt den weiteren Tagesablauf: „Dann umziehen und ab zum Zug. Nach dem Zug dann die Rathauserstürmung. Danach kommen weitere Auftritte. Der letzte ist abends live im Fernsehen. Da ist man dann auch ein bisschen geschafft.“ Wenn sie darüber berichtet, ist immer noch die Einmaligkeit zu spüren, die dieser Tag für sie gehabt hat. Der Weiberfastnachtumzug sei ihr absolutes Highlight gewesen, stellt sie fest. „Wenn man da oben steht und die unterschiedlichen Gruppen ziehen an einem vorbei, winken dir zu und du winkst zurück, und dann merkst Du: Das ist dein Zug. Die sind alle wegen dir hier. Das macht schon Gänsehaut.“ Bei ihren Schilderungen kehrt ihre Stimme und Gestik wieder in die Emotionalität der damaligen Situation zurück. „Für den Zug wollte ich soviel Kamelle haben, dass mir die Arme wehtun. Und das haben wir auch geschafft. Ich konnte den ganzen Zug lang immer weiterwerfen, immer weiter. Am nächsten Tag hatte ich nicht nur ein blaues Kleid sondern auch blaue Arme“.

Alles hat ein Ende....

Jede Session geht irgendwann zu Ende, auch die von Luisa I. Am Aschermittwoch ist bekanntlich alles vorbei. Wobei das im Rheinland nur bedingt stimmt, denn kurz darauf gehen schon die Vorbereitungen für die kommende Narrenzeit wieder los. Luisas Rolle als Wäscherprinzessin der weiblichen Jecken endet eigentlich schon am Veilchendienstag mit dem Häubchenrupfen. An dem Abend leuchtet ihr Stern noch einmal auf. Und dann wird ihr das Häubchen abgenommen und sie muss das Zepter wieder abgeben. Der Ort dieser Abschiedsszene ist das Wirtshaus Rheinbrücke in Beuel. Luisa erzählt: „Es war in diesem Jahr rappelvoll. Da kann jeder kommen, wer möchte“. Traditionell nimmt die Wäscherprinzessin aus dem Vorjahr ihrer amtierenden Komiteeschwester die Kopfbedeckung ab. Bei Luisa macht das Ann-Katrin. Auch die Wäscherinnen verlieren an diesem Abend ihre Häubchen, was von zwei Frauen aus dem eigenen Komitee übernommen wird. Am Ende der Veranstaltung sind die äußeren Merkmale der Prinzessinnenrolle abgelegt, bis auf den Ornat. Die Trägerin darf das Traditionskleid zur Erinnerung behalten, wenn sie die Kosten für die hochwertigen Spitzen übernimmt. Sonst kommt alles in den Fundus. Ein dickes Portmonee muss niemand mitbringen, der sich auf eine Kandidatur als Wäscherprinzessin einlässt. Bei den Beueler Komitees gilt die Regel, dass nicht der Geldbeutel über eine erfolgreiche Bewerbung entscheidet. Nur Sonderwünsche und Gastgeschenke sind selber zu tragen. Luisa hatte sich auf das Motto ihrer Session besonnen und sich für Lebkuchenherzen mit ihrem Namen als Gastgeschenk entschieden.

Zurück im Alltag

Nach dem Häubchenrupfen und den Abschiedsszenen als Wäscherprinzessin ist endgültig Schluss. Für Luisa ist es nur ein kurzer Sprung zurück in den Alltag. „Ich hatte noch bis Donnerstag frei und Mittwoch musste ich schlafen. Schlaf hatte ich bitter nötig. Und Freitag bin ich wieder ganz normal arbeiten gegangen“, erläutert sie ihren Ausstieg aus der Narretei. Außerdem hat sie die Abschlussprüfung ihrer Ausbildung vor sich. Inzwischen ist das ganze Spektakel acht Monate her. Luisa hat ihre Berufsausbildung als Kauffrau im Büromanagement erfolgreich abgeschlossen. Eigentlich war sie vom ersten Tag an wieder im realen Leben angekommen, was so selbstverständlich nicht ist. „Da kann man schnell den Boden unter den Füßen verlieren“, stellt sie fest. Wer süchtig nach Publicity ist, für den sind die Verlockungen immens. „Man kriegt ja alles hinterher getragen“, sagt sie, “dann hebst du leicht ab und fällst nach Aschermittwoch in ein tiefes Loch“. Sie hat davon nichts gespürt. Sie ist Wäscherprinzessin gewesen und nicht die Prinzessin auf der Erbse. „Das ist mein Vorteil, dass ich doch ein bodenständiger Mensch bin“, findet Luisa selbstbewusst. Aber ein paar Flügel sind ihr schon gewachsen. Sie traut sich jetzt mehr zu als vorher. „Ich merke das auch im Berufsleben“, meint sie. „Man tritt Menschen ganz anders gegenüber.“ Und es macht ihr richtig Spaß, vor Leuten zu stehen und zu erzählen. Eine neue Chance dafür wartet schon bald, wenn sie den Festzug auf Pützchens Markt im Duo moderieren darf. Vor allem ist sie gespannt, wie sie in diesem Jahr den Karneval erleben wird, dann nämlich wieder in Reih und Glied mit anderen, wie früher auch. Aber die Erinnerungen an ihre Session, an ihre Zeit als Beueler Wäscherprinzessin werden sie ein Leben lang begleiten. Etwas ist schon jetzt geblieben. Mit Jacqueline, ihrer Wäscherin, pflegt sie einen engen Kontakt. Und Ann-Katrin, der sie selber als Wäscherin gedient hat, ist ihre beste Freundin geworden. „Da sind neue Beziehungen entstanden, über die ich mich sehr freue“, sagt sie. Und gibt es eine Gesamtbilanz? Luisas Antwort kommt spontan:“Ich bin sehr froh, dass ich es gemacht habe.“

Die Sache mit den Prinzipien hat sich damit auch erledigt. Übrigens gibt es seit den achtziger Jahren einen James Bond Film mit dem Titel: „Sag niemals nie“. Da war Luisa Braun, die Beueler Wäscherprinzessin aber noch nicht geboren.

L.P.

Kirmes 2017

Vom 07. bis 10. Juli 2017 fand unsere diesjährige Holtorfer Kirmes statt. Am Freitag wurde ein Thekenfünfkampf mit insgesamt 25 Teilnehmern durchgeführt. Es waren die Disziplinen Bierkrug halten, Nageln, Schießen, Leiter steigen und Würfeln zu bewältigen. Am Samstag unterhielt uns am Abend die Musikband „Jule, Papa & Greyheads“ mit erfrischender Rockmusik. Die Band zeigte ein hohes Niveau und ließ die Herzen der Zuschauer höher schlagen. Die Mischung aus Rock-Klassikern und aktuellen Titeln kam beim Publikum gut an. Leider ist der Gertränkewagen direkt vor der Halle aufgebaut worden, so dass der Blick auf die Bühne teilweise versperrt war. Das muss in Zukunft anders gehen.

Ein Kinderkarussell, was zuvor geplant war, hatte leider kurzfristig absagen müssen. Am Sonntag verlief der Frühschoppen und Kindernachmittag ruhig und überschaubar.

 

Am Montag gab es wieder das traditionelle Kirmesfrühstück und am Abend die „Pajas-Verbrennung“. Ein zusätzlicher Augenschmaus waren die Fotowände, die das Leben in Holtorf bis Anfang des 19. Jahrhundert wiedergaben. Diese wurden sowohl beim Brunnenfest als auch bei der Kirmes gezeigt und fanden großen Anklang.

An dieser Stelle dürfen wir uns ganz herzlich bei der Familie Niesen bedanken, die diese Fotowände in mühevoller Kleinarbeit zusammen und zur Verfügung gestellt haben. Unter dem Strich war es eine nette Veranstaltung, obgleich die Besucherströme sich wahrlich in Grenzen hielten.

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Dorfgeschichte

Damals und heute

1938 Ecke Löwenburgstraße / Ecke Kapellenstraße, heute Guardinistraß

2017 Dorfplatz mit Blick Richtung Guardinistraße, ehemalige Kapellenstraße

1950 Löwenburgstraße / Ecke Tränkweg

2017 Löwenburgstraße / Ecke Tränkweg

1920 Gasthaus zur Post Tränkweg / Ecke Löwenburgstraße

2017 Tränkweg / Ecke Löwenburgstraße

Vereinsleben

Familienfahrt

Unsere diesjährige Familienfahrt führte uns zunächst per Bus zum Radioteleskop Effelsberg. Schon bei der Anreise musste unser Busfahrer Theo Braun sein ganzes fahrerisches Können zeigen, denn die ausgewählte Route enthielt unter anderem eine enge und serpentinenartige Strecke, die mit einem Gelenkbus nur schwierig zu bewältigen war. Nicht umsonst hatte Theo leichte Schweißperlen auf der Stirn. Alle sind aber letztendlich wohlbehalten am Radioteleskop angekommen. Dort erwartete uns ein beeindruckendes Bild von der Anlage und ein Diavortrag mit interessanten Informationen.

Nach der schweren Kost des Diavortrages ging es mit dem Bus weiter nach Bad Münstereifel, zum Mittagessen in der Gaststätte „In der Höll“. Dort servierte man uns ein gutes Mittagsmal, jedenfalls waren alle pappsatt, als sie sich anschließend auf einen Spaziergang durch die Altstadt von Bad-Münstereifel machten und die zahlreichen Outletgeschäfte aufgesucht haben.

Bad Münstereifel

Später fand sich unsere Reisegruppe im Eiscafe „Bella Italia“ ein. Dort verbrachten wir einen gemütlichen Aufenthalt bei Kaffee und Kuchen, bevor wir am späten Nachmittag die Heimreise antraten.

Ein ganz besonderer Dank gilt unserem langjährigen Busfahrer Theo Braun, der sich jetzt in den wohlverdienten Ruhestand begibt. Wir wünschen Ihm alles Gute und Gesundheit für den weiteren Lebensabschnitt.

MN

Veranstaltungen

Konzert der Chorgemeinschaft

Die Chorgemeinschaft St. Antonius Holtorf lädt herzlich zum geistlichen Konzert im November ein. Das Konzert findet statt am Sonntag, den 19.11.2017 um 18 Uhr in der St. Paulus Kirche an der Siegburger Straße in Beuel. Zusammen mit Orchester und Solisten werden u.a. „Gloria in D“ von Vivaldi und „Regina coeli“ von Mozart aufgeführt. Die Gesamtleitung hat unser Dirigent Andrey Telegin. Die Chorgemeinschaft freut sich auf Ihren Besuch!

Seniorenfest

Unser Seniorenfest findet in diesem Jahr am 3. Dezember um 14.30 Uhr statt. Dazu möchte der Bürgerverein schon jetzt Holtorfer Senioren ab dem 65. Lebensjahr sowie deren Partner sehr herzlich einladen. Bitte merken Sie sich schon jetzt den Termin vor. Die Einladungen werden ab Mitte November in der Bäckerei und dem Kiosk von Herrn Pint ausliegen. In diesem Jahr wird uns der „Bönnsche Nikolaus“ einiges über die Vorweihnachtszeit erzählen.

Weihnachtsbaum

Wie jedes Jahr wird ein Weihnachtsbaum für den Antoniusplatz gesucht. Wer hat eine Tanne, die sich dafür eignet? Meldungen nehmen die Vorstandsmitglieder oder auch die Vorsitzende entgegen.

Karnevalsumzug

Gesucht werden karnevalistische Mitbürger, die den Bürgerverein beim Straßenumzug unterstützen möchten. Wir freuen uns, wenn wir mit iIhnen zusammen die am Zugweg stehenden Jecken erfreuen können. Meldungen bitte an einen der Vorstandsmitglieder oder direkt an die Vorsitzende.

Schlusswort

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

vor kurzem hat es ein Gespräch mit dem Tiefbauamt der Stadt Bonn zum Thema „Kreisel an der Abfahrt Oberkasseler Straße“ gegeben. Dabei ging es um den vorläufigen Plan sowie den derzeitigen Stand der Planung. Von unserer Seite haben die Herren StV Burgunder, Uwe Rütz, Sprecher unserer AG Verkehr, und die Unterzeichnerin daran teilgenommen. Demnach ist der Kreisel so geplant, dass ihn auch Gelenkbusse umfahren können. Außerdem ist ein Fahrradüberweg vorgesehen. Zur Zeit finden noch Gespräche mit dem Grundeigentümer Wald und Holz statt. Der Baubeginn soll 2018 sein. Die Bauausführung sieht vor, dass während der Bauphase jeweils eine Hälfte des Kreisels gebaut und die andere Hälfte befahren werden kann. Der Busverkehr wäre damit auch während der Bauarbeiten gesichert.

Ganz besonders möchte ich mich an die neuen Mitbewohner wenden. Ich sehe in letzter Zeit häufig neue Familien in Holtorf, von denen einige vielleicht noch nicht wissen, was hier während des Jahres alles auf die Beine gestellt wird. Ich möchte Sie vor allem auf unsere Feste aufmerksam machen, die von unseren Vereinen (Bürgerverein, Die Löwen, Chorgemeinschaft, Pfarrgemeinde, Frauengemeinschaft, Junggesellenverein und Feuerwehr sowie die jecke Wiever vom hillije Tünn) veranstaltet werden. Die Ankündigungen finden Sie in der Terminliste der Bürger-Info sowie auf den aushängenden Plakaten. Wir freuen uns sehr, wenn wir den einen oder anderen demnächst dort antreffen. Diese Freude gilt natürlich ebenso allen Mitbürgern unserer Orte.

Abschließend komme ich mal wieder auf ein „ständiges Problem“ zurück, die Hundehinterlassenschaften in den Grünanlagen und an den Spielplätzen. Wenn man sich ein Tier anschafft, muss man damit rechnen, dass es auch Geld kostet. Der geringste Teil der Ausgaben entfällt dabei auf die Hundekotbeutel. Natürlich ist es einfacher, den Hund ins Grüne machen zu lassen, anstatt sich zu bücken und die Hinterlassenschaft zu entfernen. Konsequenterweise kann es einem dann auch egal sein, wenn die Gärtner in den Hundekot fassen müssen oder aber Kinder damit in Berührung kommen oder darüber laufen. So geht das aber nicht. Die Jugendfeuerwehr übt z.B. auf der Wiese hinter dem Feuerwehrgebäude. Hier muss man oft vorher die Fläche reinigen, damit Schuhe und auch das Feuerwehrmaterial nicht verschmutzt und mit Geruch überzogen werden. Es muss deshalb von allen Hundebesitzern erwartet werden können, dass sie mitdenken und helfen, die Grünanlagen sauber zu halten. Mal sehen, ob es sich im neuen Jahr bessert.

Elisabeth Schmid